Impfgerechtigkeit

Wir müssen über die Gerechtigkeit bei der Impfung gegen COVID-19, die Impfgerechtigkeit, reden. Diese hat nämlich zwei Aspekte. Zum einen geht es um die Impfreihenfolge. Es scheint ethisch vertretbar, dass bestimmte Personengruppen zuerst drankommen: sehr Alte, Pflegepersonal mit vielen Kontakten zu Alten und Erkrankten, neuerdings sind auch Lehrer*innen und Erzieher*innen im Gespräch. Dass sich in letzter Zeit auch Amtsträger beim Gerangel um das knappe Gut Impfstoff vorgedrängelt haben, stößt auf gesteigerten Unwillen. Die ZEIT (Nr 7/2021) spricht von Impfschleichern und lässt auch die Ausrede, es sei am Ende des Tages noch Impfstoff übrig geblieben, nicht gelten – wessen Auftrag es ist, die Ordnung in der Warteschlange aufrecht zu erhalten, darf sich eben nur um den Preis des Vertrauensverlustes vorne anstellen oder sich seitlich vorbeimogeln. Alles andere konterkariert die Impfstrategie. Zum  anderen geht es bei der Impfgerechtigkeit um Impfprivilegien. Die Süddeutsche Zeitung (3.12.2020) hält die „Separierung der Gesellschaft in Menschen mit und ohne Impfprivilegien” für keine gute Idee. Der deutsche Ethikrat beantwortet die Frage “besondere Regeln für Geimpfte?” in seiner Stellungnahme mit einem relativ deutlichen Nein. Womit dieser Aspekt geklärt scheint. Allerdings hat der Staat kein Zugriffsrecht auf private Entscheidungen: Wen die Wirtin in ihr Lokal lässt, vielleicht nur Geimpfte, oder, aus Trotz, nur Ungeimpfte, das ist ihre Entscheidung.