Das Fediversum

Das Wort “Universum” ist, wenn man es bis zu seinen Wurzeln im Lateinischen zurückverfolgt, eine Zusammensetzung aus ūniversālislat ‘zum Ganzen, zur Gesamtheit gehörig, allgemein’ < ūniversuslat ‘ganz, sämtlich’, eigentlich ‘in eins gekehrt, in eine Einheit zusammengefasst’ < ūnuslat ‘ein, einzig’ + verterelat ‘kehren, wenden, drehen, umdrehen’ (s. https://zwei.dwds.de/wb/universal)

Deshalb ist es möglich, das Wort auseinanderzunehmen und neu wieder zusammensetzen, konkret den Bestandteil “-versum” mit neuen Präfixen zu versehen. Vermutlich werden diejenigen, die solcherart kreative Neubildungen prägen, wohl weniger an das lateinische Verb vertere denken als vielmehr zum Mittel der Analogiebildung in Anlehnung an Universum greifen und dem Bestandteil eine Bedeutung zuschreiben, die sich mit “Gesamheil, Allheit” umschreiben lässt. Das Dokuversum ist wohl die Gesamtheit aller Dokumente (eines bestimmten Bereiches), dssa Metaversum ist mir dem nicht ganz von Größenwahn entfernten Anspruch kreiert worden, eine Parallelwelt zu schaffen, virtuell, als Alternative zur schnöden analogen Lebenswelt.

Ein neues Mitglied dieser Wortfamilie ist das Fediversum, ein sog. “Kofferwort” aus besagtem zweitem Bestandteil “-versum” und einem Erstbestandteil, der wiederum aus dem Wort  “federal” (dt: föderal) herausgeschnitten wurde. Diese Neubildung realisiert die beiden Richtungen, die durch Dokuversum und Metaversum vertreten werden.

Mit dem Wort Dokuversum hat es gemeinsam, dass es eine “Gesamtheit” bezeichnet, nämlich die von Anwendungen, die zusammen “das soziale Netz“ bilden

Mit dem Wort Metaversum hat es gemeinsam, dass das Fediversum einen Gegenentwurf, eine Gegenwelt zu den zentral gesteuerten Plattformen der heutigen sozialen Medien bilden möchte.

Hier kommt der Sinn von “Fedi” (federal, föderal) zun Tragen, als Gegenkonzept zu “zentral” gesteuert.

Die Plattformen, Anwendungen und Apps im Fediversum ist gemeinsam, dass sie auf ein frei verfügbares, von einer gemeinnützigen Organisation geschaffenes und gepflegtes Protokoll für den Austausch von verschiedenen Arten von Daten fußt (ActivityPub des W3C Konsortiums, s. https://de.wikipedia.org/wiki/ActivityPub).

So ist gewährleistet, dass die verschiedenen, darauf basierenden Anwendungen Daten austauschen können (wenn die Benuter:innen das wollen). Man kann, wenn man die Ressourcen hat, selber einen Server mit einer Instanz von Mastodon aufsetzen (die Software dafür ist quelloffen) und damit an der Föderation teilnehmen. Als Nutzer:in kann man selbst bestimmen, welchem Teil der Föderation man sich anschließen möchte. Mittlerweile gibt es föderierte Alternativen: für Twitter, nämlich Mastodon oder tumblr; Friendi.ca und Hubzilla.org geben sich als Alternativen zu Facebook, joinpeertube für Youtube und Pixelfed.org für Instagram. 

Man sollte sich bewusst sein, dass der Umstieg auf eine der alternativen Plattformen etwas Zeit für die Einarbeitung bedarf, zum Einleben sozusagen, dass man im neuen Haus erst einmal seine Bekannten finden muss (für den Umzug von Twitter nach Mastodon gibt es dafür das Werkzeug Debirdify)und dass das Angebot etwa zur Unterhaltung (noch) deutlich schmaler ist. Im Gegenzug winkt die digitale Freiheit z.B. von erratisch und undurchsichtig agierenden Firmenchefs.